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Aus Liebe zum Sohn
Foto: Volker Beushausen

Aus Liebe zum Sohn

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Sabine Raupach-Strohmann

Alkohol und Drogen bestimmten jahrelang sein Leben. Bis zu der Erkenntnis: „Wenn ich so weitermache, fahre ich mein Leben vor die Wand.“ Dann suchte Karsten Hilfe bei der Fachstelle Sucht der Diakonie.

Vor zwei Jahren suchte Karsten (Name geändert) Hilfe bei Wilfried Gemmer in der Fachstelle Sucht der Diakonie des Kirchenkreises Recklinghausen in Datteln. Einzel- und Gruppentherapie und einen Klinikaufenthalt weiter hat der heute 42-Jährige seine Sucht im Griff. „Ein einmaliger Konsum zu einem besonderen Anlass, das haut nicht hin“. Das hatte er während seiner Beratungsphase erlebt, als er im Urlaubsfeeling dachte, ein Cocktail wird schon gehen. „War falsch. Ich kann nicht ein bisschen – nur ganz oder gar nicht!“ Also gar nicht – aus Liebe zu seinem Sohn. Seit seinem 14. Lebensjahr konsumierte Karsten mit Freunden täglich Alkohol, Hasch, Amphetamine und mehr. „Ich hatte ein gutes Elternhaus, keine Sorgen oder Probleme. Aber ich fand das cool, wollte dazugehören, vielleicht war es die Rebellion gegen alles Bürgerliche.“ Als „funktionierender“ Suchtkranker bewältigte er Schule, Bundeswehr, Ausbildung und Jobs. „Getreu dem alten Motto ,“Wer saufen kann, kann auch arbeiten‘.“ Er fand Spaß und gute Laune in seiner drogenkonsumierenden Clique und auch von seiner Freundin gab es keinen Druck aufzuhören. Erst als sie kurz nach der Trennung schwanger wurde, änderte sich alles.

Er hatte ein offenes Ohr und mich besser verstanden als ich gedacht habe.
Karsten über seinen Therapeuten, Wilfried Gemmer (im Bild)

Verantwortung für den Sohn

Als der Kleine drei Jahre alt war und regelmäßig Zeit bei Karsten und seiner neuen Freundin verbrachte, war alles nur noch Stress: die Arbeit, der Drogenkonsum, die Alkohol ablehnende neue Partnerin, die Verantwortung für den Sohn – und das alles immer mit einem Pegel. „Plötzlich merkte ich, dass alles auf Kante genäht war und ich alles verlieren konnte.“ Mit Drogen konnte er dem Familien­vorbild seiner Kindheit, die er heute als Vater zu schätzen weiß, nicht gerecht werden. Was, wenn er plötzlich das Kind zum Arzt fahren muss und in eine Polizeikontrolle gerät? „Ich wollte meinen Sohn nicht notgedrungen mit dem Fahrrad von der Kita oder von sonst wo
abholen müssen.“

Entscheidene Schritte

Als er bei Wilfried Gemmer vor zwei Jahren in der Diakonie-Beratungsstelle auftauchte, hatte er schon einen entscheidenden Schritt zur Abstinenz getan: „Er hatte erkannt, dass er ein Problem hat“. Die Chemie zwischen dem Therapeuten und dem 42-Jährigen stimmte sofort. „Gut, dass er bei meinem dritten Anrufversuch schneller war, als ich auflegen konnte“, erinnert sich Karsten schmunzelnd: „Er hatte ein offenes Ohr und mich besser verstanden, als ich gedacht habe.“ Der achtwöchige stationäre Aufenthalt innerhalb der Therapie war eine lehrreiche „Schocktherapie“: „Ich lernte Menschen mit meinem Werdegang kennen, die durch die Sucht schwer gescheitert und gezeichnet sind. Ich habe Glück gehabt.“ Und das will er nie mehr aufs Spiel setzen. Seine Ex-Freundin, er und seine Partnerin schaffen es wunderbar, sich gemeinsam und vorbildlich um den Fünfjährigen zu kümmern, ihm eine gute Familie zu sein. Mit vielen Menschen aus aus der Suchtl­klinik und auch aus der Selbsthilfegruppe bei der Fachstelle Sucht in Datteln hat er noch sporadisch Kontakt: „Es sind tolle und clevere Leute. In kritischen Situationen helfen wir uns gegenseitig.“

Info
Diakonie Kreis Recklinghausen - Kontakt- und Beratungsstelle

Castroper Straße 10
45711 Datteln

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